Gruselgeschichten schreiben ist nicht nur ein Spaß zu Halloween. Um richtig gruselig und spannend zu schreiben, muss man auch wichtige Elemente des kreativen Schreibens einsetzen und Zuhörer*innen oder Leser*innen können leicht rückmelden, wie gruselig und spannend sie die Geschichte tatsächlich fanden. Wenn man Gruselgeschichten schreibt, übt man also besonders gut das Schreibhandwerk. Deswegen habe ich das Workbook „Gruselgeschichten Schreiben. Kreatives Schreiben für Kinder“ veröffentlicht. Was bislang noch fehlte, waren Hinweise, worauf man beim Schreiben von Gruselgeschichten achten kann, um sie gut zu schreiben. Hier sind jetzt einige Überlegungen:
Was ist der Unterschied zwischen Grusel und Horror?
Grusel und Horror spielen beide mit unserer Angst, aber sie tun es auf eine völlig unterschiedliche Weise. Beim Gruseln haben wir oft Angst, dass etwas passieren könnte. Unsere Phantasie ist dabei ein wichtiges Element. Häufig weiß man nicht, ob etwas real ist oder ob unsere Phantasie es uns nur vorgaukelt. Wichtige Elemente beim Gruseln können Geister und unerklärliche Phänomene sein. Warum geht plötzlich die Türe auf? Sie war doch fest im Schloss. Das KANN doch gar nicht passieren.
Horror hingegen ist viel direkter. Da gibt es kein Abwägen, ob möglicherweise etwas Unerklärliches passiert, sondern es passiert. Und zwar gerne auch blutig und brutal. Horror verbreitet Schrecken und eventuell auch Ekel.
In diesem Beitrag geht es ausschließlich um Gruselgeschichten.
Wie beginnen Gruselgeschichten?
Gruselgeschichten beginnen am besten mit einer alltäglichen Situation, in der noch keine übernatürlichen oder unerklärlichen Phänomene vorkommen. So können die Leser*innen sich besser auf die Geschichte einlassen und mit den Figuren mitfühlen, als wenn sie sofort mit Gruselelementen konfrontiert würden. Am Anfang der Geschichte müssen die Leserinnen verstehen, wer die Figuren sind, wo sie sich befinden und eventuell auch, warum sie dort sind.
Schön ist auch, wenn es gelingt, direkt eine bestimmte Atmosphäre entstehen zu lassen. Wir kommen gleich noch dazu, wie man eine gruselige Stimmung erzeugt.
Wo spielen Gruselgeschichten?
Für eine gute Gruselgeschichte braucht man einen schaurigen Ort. Klar, viele spielen nachts auf einem Friedhof, in einem einsamen Wald oder in einer Burg. Aber weil viele Geschichten dort spielen, wäre es noch interessanter einen anderen Ort zu wählen. Welche Orte kennst du, die du selbst gruselig findest? Überlege, wo du schon einmal warst und dich unbehaglich gefühlt hast. Wenn dir wieder einfällt, was dort gruselig war und wie du dich gefühlt hast, dann hast du eine gute Grundlage für eine wirklich gruselige Geschichte. Natürlich darfst du Sachen abändern, es geht schließlich darum eine Geschichte zu schreiben und keinen Tatsachenbericht.
Wann spielen Gruselgeschichten?
Nachts ist alles geheimnisvoller. Auch die Dämmerung, wenn es kühler wird und die Sicht sich schon verschlechtert, kann ein guter Zeitpunkt für eine Gruselgeschichte sein. Auch andere „finstere“ Zeiten bieten sich an: Sonnenfinsternis, Stromausfall … Aber es gibt keine Vorschrift, dass Gruselgeschichten mit Dunkelheit verknüpft sein müssen. Das Wartezimmer eines Zahnarztes kann am hellen Tag ein gruseliger Ort sein.
Die Figuren in einer Gruselgeschichte
Die Figuren in einer Gruselgeschichte sind ganz normale Menschen, mit denen die Leserinnen und Leser sich gut identifizieren können. Es sind keine Superhelden und sie haben keine überragenden oder gar übernatürliche Kräfte. Die Figuren sind diejenigen, die die Angst erleben und sie auf die Leserinnen und Leser übertragen. Deswegen müssen sie den Lesern ähnlich sein. Um Angst überzeugend darstellen zu können, ist es nützlich, sich einmal ganz genau zu überlegen, wovor man selbst Angst hat. Oder wobei man sagen wir mal ein „ängstliches Unbehagen“ verspürt. Das alles kann als Material für Gruselgeschichten genutzt werden.
Im nächsten Schritt ist es sinnvoll, sich zu erinnern, wie genau sich die Ängste und das Unbehagen anfühlen. Wenn wir uns auf die Schnelle überlegen, wie sich Angst zu haben, dann landen wir bei den immer gleichen ersten Ideen: das Herz schlägt schnell, ein kalter Schauer läuft über dem Körper … Das ist abgedroschen. Viel interessanter sind unsere eigenen Eindrücke und Reaktionen.
Aber in einer Gruselgeschichte gibt es ja nicht nur die Hauptfigur(en), sondern auch den oder das, was die Angst auslöst. Ob es sich um einen rachsüchtigen Geist oder eine missverstandene Erscheinung handelt, der Antagonist sollte genauso gut ausgearbeitet sein, wie die Hauptfigur. Er braucht auch eine Hintergrundgeschichte, Motive und eine Persönlichkeit. Man muss nicht alles, was man über dieses Wesen weiß, in der Geschichte unterbringen, aber je man beim Schreiben weiß, umso überzeugender kann man die Figur gestalten und handeln lassen. In der Folge wirkt sie realer und das erhöht den Gruselfaktor.
Wie macht man eine Geschichte gruselig?
Um eine gruselige Stimmung zu erzeugen, ist es ganz wichtig, Dinge konkret zu zeigen und sie nicht nur zu behaupten. Was bedeutet das? Eine Behauptung wäre: „Emilia ging nicht gerne in den Keller. Dort war es ihr zu unheimlich.“ Das ist ein Fakt über Emilia, den wir jetzt zur Kenntnis genommen haben, aber wir haben keine Vorstellung davon, wie das genau aussieht. Verzieht Emilia nur angewidert das Gesicht, wenn sie in den Keller muss oder weint sie fast und rennt so schnell, wie sie nur kann? Und was ist daran unheimlich? Gibt es riesige Spinnweben, von denen man gestreift wird, hört man seltsame pochende Geräusche, die angeblich von den Wasserleitungen stammen oder hat Emilia mal eine besonders schlimme Geschichte gehört von jemandem, der diesen Keller betrat und nie wieder gesehen wurde? Je konkreter wir etwas zeigen, desto besser können die Leser*innen es sich vorstellen. Wenn sie sich etwas vorstellen können, sind sie in unserer Geschichte „drin“ und genau das wollen wir erreichen. Man könnte also schreiben: „Wenn Emilia in den Keller gehen musste, rannte sie so schnell es ging und presste dabei die Hände auf ihre Ohren, um nicht die immer lauter und lauter pochenden Geräusche zu hören, die aus den Wänden drangen.“
Um Grusel zu erzeugen, sind auch Sinneseindrücke wichtig. Was hört die Figur? Was sieht sie? Riecht sie? Fühlt sie? Beim Fühlen geht es einerseits um das, was sie möglicherweise ertastet. Beispielsweise kann der Boden, über den sie läuft, sumpfig sein oder sie geht an einer rauen Wand entlang. Aber es geht auch darum, wie sich die Figur innerlich fühlt, ob ihr Bauch sich zusammenkrampft oder ihre Hände kalt werden. Man muss nicht sämtliche Sinneseindrücke abarbeiten, sondern kann die aussuchen, die an dieser Stelle der Geschichte am effektivsten sind.
Wie wird eine Gruselgeschichte spannend?
Durch das bildliche Schreiben aka „zeigen statt behaupten“ und durch die Verwendung von Sinneseindrücken, wird schon viel dafür getan, die Vorstellungskraft der Leser*innen anzusprechen. Wichtig ist dabei auch, dass sie nur begrenzt Informationen erhalten. Sie wissen nicht mehr als die Hauptfigur. Die Handlungsentwicklung einer Gruselgeschichte beruht oft auf Ungewissheit. Ist da tatsächlich etwas Seltsames oder ist alles normal? Am Anfang kann es Andeutungen geben, um auf den kommenden Schrecken hinzuweisen. Die Geschichte beginnt möglichst subtil, vielleicht gibt es unerklärliche Geräusche oder fehlende Gegenstände, nichts komplett Außergewöhnliches. Dann kann man langsam den Schrecken steigern. Der langsame Aufbau ist entscheidend, um die Spannung in der Geschichte aufrecht zu erhalten. Überraschende Wendungen sind auch ein gutes Mittel zum Spannungsaufbau. Es ist wichtig, die Geschichte so zu erzählen, dass die Leserinnen ihren Verlauf nicht voraussehen können.*
Schließlich läuft die Geschichte auf einen Höhepunkt hinaus, der beängstigend ist, aber im Rahmen dieser Geschichte glaubwürdig.
Wie endet eine Gruselgeschichte?
Gruselgeschichten können ein gutes Ende haben. Die Hauptfigur entkommt den Geistern oder sie entdeckt, dass sie sich getäuscht hat und der vermeintliche Spuk eine leicht erklärbare Ursache hat.
Weit verbreitet ist es, die Hauptfigur am Ende einfach aufwachen zu lassen und sie hatte alles nur geträumt. Dieses Ende macht es dem Autor oder der Autorin leicht, für die Leser*innen ist es allerdings enttäuschend. Wir sind in die Welt dieser Geschichte eingetaucht, haben uns mit der Figur gefürchtet, mitgelitten … und dann verpufft dieses Erlebnis einfach und wird als Traum enttarnt. Wir sind getäuscht worden. Um zufriedene Leserinnen zurückzulassen, lohnt es sich auf jeden Fall, sich ein traumfreies Ende zu überlegen.
In welcher Zeit schreibt man eine Gruselgeschichte?
Gruselgeschichten schreibt man im Präteritum. Wir sehen zurück auf etwas, das bereits passiert ist.
Gruselige Schreibimpulse
Wenn du nun loslegen möchtest, habe ich hier noch 22 Schreibanregungen für Gruselgeschichten für dich. Im Workbook findest du auch noch einen Downloadlink zu gruseligen Fotos als Schreibimpuls und schauriger Musik für die Inspiration.
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